Ziervogels Zeichnungen sind voller Zartheit. Auf riesigen Flächen breiten sich filigrane Gespinste aus, federleicht, ornamental ineinander verschlungen. Sie erinnern von fern an Wimmelbilder, Kinderbuchillustrationen. Oder auch an Landkarten, an technische oder naturwissenschaftliche Schemata. Auf der einen Seite. Doch tritt man nah an sie heran, öffnet sich ein Abgrund.
Winzige Gestalten verschlingen sich zu verzerrten Konstellationen, verknoten und verkeilen sich ineinander und bilden ein Tableau menschlicher Grausamkeiten. Ralf Ziervogels (*1975) virtuose Bildwelten erinnern ebenso an die Bestiarien von Hieronymus Bosch wie an die abgründigen Fantasien des Marquis de Sade. Sie wirken wie kalte Kommentare zu gesellschaftlichen Zuständen. Eine körperliche Spannung bis hin zum Zerreissen durchzieht das vielgestaltige Werk und verleiht ihm eine verstörende Aktualität. Der Körper dient Ziervogel als zeitgenössische Metapher für existenzielle Zustände, in denen der Mensch förmlich von großen Triebkräften zerrissen wird.
Körperlich sind auch die Arbeiten von Paul Thek (1933-1988). Mit seinen „Technological Reliquaries“ aus den 1960er Jahren hat der Künstler Kultstatus erlangt: Wächserne Abgüsse und Repliken von Körperteilen in Behältnissen aus Plexiglas und Metall verbinden die kühle Ästhetik der Minimal Art mit der aufkommenden Entdeckung des Körpers als Material der Kunst. Der große Einfluss des Exzentrikers auf nachfolgende Künstlergenerationen wurde erst im vergangenen Jahrzehnt u.a. durch die Initiative von Harald Falckenberg erforscht. Nun hat die Hamburger Kunsthalle gleich ein ganzes Konvolut seiner Arbeiten als Schenkung erhalten, die zusammen mit den Arbeiten aus der Sammlung Falckenberg in Harburg präsentiert werden. Wir wollen beide Ausstellungen mit Veronika Schöne besuchen.
FÜHRUNG Ralf Ziervogel „As If“ und Schenkung Paul Thek
LEITUNG Dr. des. Veronika Schöne
ORT Deichtorhallen Hamburg - Sammlung Fackenberg (Harburg)
TERMIN Sonntag, 20. Januar 2019, 17 bis 18.30 Uhr
KOSTENBEITRAG 18 Euro inkl. Eintritt, Studierende bis 30 Jahre 15 Euro, Zuzahlung für Nichtmitglieder 3 Euro
