Schon um 1900 konstatierte man von weiblicher Seite erfreut, dass es mittlerweile einige „Neue Frauen“ gebe, nur – so wurde beklagt – seien diese zur Einsamkeit verurteilt, da ihnen noch kein ebenbürtiger „Neuer Mann“ zur Seite stünde. Dabei forderten viele Männer ihrerseits eine neue Männlichkeit: Während jedoch die einen eher androgyne Männer favorisierten, hofften andere auf einen Krieg, um im Stahlbad der Nerven „echte“ Männer zu erzeugen.
Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten die Überlebenden indes nicht als Helden, sondern im Gegenteil an Physis und Psyche versehrt zurück – und fanden eine Welt vor, die sich in der Zwischenzeit radikal verändert hatte: Das Kaiserreich war einer Republik gewichen, und anstelle der vertrauten Ordnung der Geschlechter schienen überall selbstbewusste Neue Frauen mit Bubikopf und kurzem Rock durch die Großstädte zu flanieren. Zwar entsprach die soziale Realität selten den medialen Inszenierungen, doch stand den Frauen tatsächlich, gestärkt durch politische Errungenschaften wie das Wahlrecht, ein bislang unbekanntes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten für die eigene Rolle zur Verfügung. Das Bild der Neuen Frau stand daher exemplarisch für die Modernität der Weimarer Republik.
Angesichts dieser vermeintlichen „Unordnung“ der Geschlechter galt es, Männlichkeit neu zu formulieren. Ernst Jünger und andere feierten den Frontsoldaten, geboren in „Stahlgewittern“, und setzten auf den Männerbund. Andere favorisierten den sachlichen, rationalen Typus; wieder andere träumten von der Erlösung aus dem Zwiespalt des Geschlechtlichen im Bild des Androgyn. Mit der Wirtschaftskrise gegen Ende der Weimarer Republik geriet freilich jede zivile Form der Männlichkeit in eine tiefe Krise.
Das Seminar findet im Veranstaltungsraum statt.
LEITUNG Dr. Katrin Schmersahl
TERMIN Samstag, 20. Juni 2020, 11 bis 15 Uhr
KOSTENBEITRAG 26 Euro, Zuzahlung für Nichtmitglieder 5 Euro (zzgl. Eintritt)
Anmeldung erforderlich
