Susanne Pfeffer, Direktorin MUSEUM FÜR MODERNE KUNST, Foto: Alexander Paul Englert
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Rosa-Schapire-Kunstpreis 2022: die Jurorin

Der Weg der Kunsthistorikerin und Kuratorin Susanne Pfeffer verlief steil nach oben: vom Künstlerhaus Bremen über die Kunstwerke in Berlin und das Museum Fridericianum in Kassel bis zum Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt am Main. Als Kommissarin des deutschen Pavillons bei der Venedig-Biennale 2017 erstritt sie mit der Arbeit von Anne Imhof den Goldenen Löwen für den besten Länderbeitrag. 2021 kürte sie das Kunstmagazin Monopol zur drittwichtigsten Persönlichkeit der internationalen Kunstwelt.

Haben Sie Ihre Entscheidung für Simone Fattal als diesjährige Preisträgerin schnell und intuitiv getroffen? Oder haben Sie zuerst eine Liste erstellt und dann abgewogen?


Ich habe länger darüber nachgedacht und eine Liste von Künstler*innen erstellt, die ich im Kontext der Galerie der Gegenwart interessant fand.

Haben Sie dabei auch daran gedacht, wie sich ein Werk von Simone Fattal in den Kontext der Galerie der Gegenwart einfügen würde?

Für mich war es wichtig, dass Fattals Arbeiten die Sammlung gedanklich um eine Position ergänzen, die dort noch nicht vertreten ist und den westlichen Kanon aufbricht und erweitert.

Wo sind Sie Simone Fattals Arbeiten zum ersten Mal begegnet?

Das war im Jahr 2010 bei einem Studio Visit in Beirut. Damals konnte ich mich erstmals ihrem bildhauerischen Werk nähern. Jahre später habe ich sie dann in ihrem Pariser Atelier besucht.

Worin liegt die Stärke von Fattals Arbeiten?

Die Einfachheit und Direktheit ihrer Figuren reflektieren den Menschen in seiner vollkommenen Archaik, was durch das Handgeformte in ihren Arbeiten noch unterstrichen wird.

Sie selbst sind für Ihre sorgfältig gemachten und installierten Ausstellungen und Ihr Gespür für Qualität und aktuelle Relevanz bekannt. Welche Intuitionen oder Überlegungen leiten Sie bei der Konzeption von Ausstellungen? 

Ausgangspunkt jeder Ausstellung ist immer die Kunst selbst. Für mich geht es darum, diese in ihrer radikalsten Konsequenz spürbar, erlebbar und denkbar zu machen.

Beim Kuratieren von Ausstellungen und dem Programmieren einer Institution wie dem Museum für Moderne Kunst – gilt es da, abzuwägen zwischen Komplexität oder Avanciertheit einerseits und Lesbarkeit oder Zugänglichkeit andererseits?

Die Kunst muss immer komplex und avanciert sein. Die Vermittlung muss durch die Ausstellung selbst erfolgen und Formen der Zugänglichkeit ermöglichen.

Welche Bedeutung hat zeitgenössische Kunst für Sie persönlich?

Für mich ist die Kunst ein Zugang zur Welt.

Ob bei Crip Time, der viel beachteten MMK-Gruppenschau in diesem Winter, bei der von Ihnen kuratierten Performance von Anne Imhof bei der Venedig-Biennale oder bei den figürlichen Skulpturen Fattals – spielt der Körper vor dem Hintergrund der rasenden Digitalisierung unserer Lebensbezüge aktuell in der Kunst wieder eine besondere Rolle?

Auf jeden Fall. Wir alle haben ja noch immer Körper, und diese erscheinen in den immer digitaleren Welten, in denen wir uns bewegen, immer relevanter.
 
Interview: Karin Schulze