Louis Jacoby nach Raffael, Die Schule von Athen, 1860-63, © Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett / bpk Foto: Christoph Irrgang
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Zur Raffael-Ausstellung: Nachruhm

Im Jahr 1860 traf der aus Havelberg an der Elbe stammende Kupferstecher Louis Jacoby in Rom ein, um sich dort intensiv mit dem weltberühmten Wandbild der Schule von Athen zu beschäftigen. Dieses großformatige Werk hatte Raffael um 1510 in dem von Papst Julius II. ursprünglich als Studierzimmer genutzten Raum des vatikanischen Palastes, der sogenannten Stanza della Segnatura, ausgeführt. Seit Jahrhunderten faszinierte es die Kunstfreunde und regte zu intensiven Diskussionen über seinen Inhalt und die dargestellten Personen an. Es war bereits häufig reproduziert worden, doch Jacoby war der Ansicht, dass diese Graphiken Schönheit und Form des Wandbildes nicht angemessen wiedergaben. Ausgestattet mit einem Stipendium des preußischen Staates, wollte er nun die optimale Reproduktion der Schule von Athen schaffen. Grundlage für seine Wiedergabe wurde eine Farbkopie, die der Künstler in dreijähriger Arbeit im Vatikan anfertigte. Diese vorzügliche Gouache gibt jedes Detail und jede Farbnuance exakt wieder.
Aufgrund seiner Professur für Kupferstich an der Wiener Akademie konnte sich Jacoby erst in den 1870er-Jahren intensiv an die extrem mühevolle Umsetzung seiner Farbkopie in einen schwarz-weißen Kupferstich machen. Mit der 1882 vollendeten Reproduktion legte Jacoby ein Meisterwerk vor, das heute als die wohl genaueste und einfühlsamste graphische Wiedergabe der Schule von Athen gilt. Übrigens hat auch Hamburg einen Anteil an der Entstehung dieses Kupferstichs, sicherte doch der hiesige Kunstverein dessen Fertigstellung durch finanzielle Zuwendungen.
Die im Jahr 2021 der Hamburger Kunsthalle von Nachkommen des Künstlers geschenkte Gouache und der danach angefertigte Kupferstich bilden zwei der Höhepunkte der facettenreichen Ausstellung Raffael. Wirkung eines Genies, die vom 2. Juli bis 3. Oktober 2021 in der Kunsthalle gezeigt werden soll.

David Klemm

DAVID KLEMM leitet das Digitalisierungsprojekt in der Hamburger Kunsthalle und ist zusammen mit Andreas Stolzenburg Kurator der Ausstellung Raffael. Wirkung eines Genies.